Soon this place will be too small

In Berlin und in Paris, in jedem Zimmer der Pflegeheime habe ich sie gesehen, diese Kommoden mit den Gegenständen, die an das Vergangene erinnern. Fotos des verstorbenen Ehepartners, der Kinder, der Geschwister, der verstorbenen Eltern und der eigenen Jugend. Oft stehen dort auch religiöse Gegenstände: Marienstatuen, Kreuze oder Menorot…

Sind diese Gegenstände wichtige Anhaltspunkte und Trost für diejenigen, die wissen, dass sie mit Sicherheit bald sterben werden?

Als ich anfing, in den Heimen zu fotografieren, fragte ich mich: was nimmt man mit auf die letzte Reise? Ich erinnerte mich an die Frage, die früher unter uns Kindern umging: welche drei Gegenstände würdest Du auf eine einsame Insel mitnehmen?

Die Dinge, die uns im Leben begleiten und die wir manchmal begehren, weil sie so schön sind, oder den Schein in uns erwecken, sie könnten uns glücklich machen, all diese Dinge verlieren im Pflegeheim an Wert. Nur ein paar ganz wenige Sachen erscheinen wichtig. Eine Frau zeigte mir einen Ring und einen Teddy und sagte: „Das erste und das letzte Geschenk meines Mannes.” Eine andere Frau legte mir ans Herz: „Zahnpasta ist sehr, sehr wichtig! Vitamine C auch. Das ist Ihnen bestimmt bekannt.”

Nach und nach, beim Fotografieren, dämmerte mir ein seltsamer Gedanke: die Bewohner der Pflegeheime wissen vielleicht nicht wirklich, dass sie bald sterben werden.

Zumindest scheint sich keiner darauf vorzubereiten. Oder findet diese Vorbereitung im Verborgenen statt, jeder für sich in Angst und Hoffnung? Glauben sie an einen Gott, der sie im Tod in seiner grenzenlosen Liebe aufnimmt? Haben sie Vertrauen in den unendlichen Reichtum des Raums, der uns alle verbindet?

Als ich den Sozialarbeiter, der mich durch eines der Pflegeheime begleitet hat und zu dem ich ein herzliches Verhältnis aufgebaut hatte, fragte, ob über den Tod gesprochen wird, traf ihn meine Frage unerwartet. Nein, über den Tod würden die Menschen hier nicht sprechen. Er wisse ja noch nicht einmal, ob er selbst das könne.

Karine Azoubib


I have seen them in Berlin and in Paris, in every room of the nursing homes: the dressers with objects recalling the past. Photographs of deceased spouses, of children, siblings, and deceased parents, and of their own youth. Often there are religious objects as well: statues of the Virgin Mary, crosses, or menorahs… Do these objects serve as important keepsakes and as consolation for people who know they are going to die soon?

When I began to photograph in nursing homes I asked myself, what does one take along on the final journey? And I remembered the question we used to put to ourselves as children: What three objects would you bring to a deserted island?

The things that accompany us in life, that we at times desire because of their beauty, or that give us the impression they could make us happy, all of these become less valuable in a nursing home. Only a very few objects appear important here. One woman showed me a ring and a teddy bear and said: “The first and the final gift from my husband.” Another woman confided to me: “Tooth paste is very, very important! Vitamin C, as well. But you certainly know that already.”

A strange idea gradually came to me while photographing: Perhaps the residents of the nursing home were not really aware that they would die in the near future. At least none of them seemed to make any preparations. Or did these take place in secret, each alone with their fears and hopes? Or did they believe in a God who in death would take them up in boundless love? Did they trust in the infinite wealth of the space that connects us all?

I asked a social worker who accompanied me in one of the nursing homes and whom I had gotten to know better whether the issue of death was ever discussed. My question took him by surprise. No, he said, people don’t talk about death here. He didn’t even know if he could do it himself.

Karine Azoubib

 

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